Den Anstoß, etwas zum Thema Multitasking zu schreiben, bekam ich auf dem Weg zu Fuß zum Bahnhof in meiner Heimatstadt Wuppertal. Ich wohne in unmittelbarer Nähe zu einem Gymnasium. Unterwegs sehe ich häufig Schüler, die gleichzeitig rauchen, Kopfhörer tragen und dabei auf ihr Smartphone starren und Texte eingeben. Sie scheinen ihre Umgebung nicht mehr richtig wahrzunehmen, denn manchmal muss ich ihnen ausweichen, weil sie mich einfach nicht sehen. Alle ihre Sinne sind dicht für das, was gerade unmittelbar um sie herum passiert. Multitasking scheint im Trend zu liegen und für junge Menschen etwas völlig Normales zu sein.
Als ich selbst im Teenager-Alter war, und morgens hektisch durchs Haus rannte, gleichzeitig meine Sporttasche und die Schulbücher suchte, mir die Schuhe anziehen, die Haare kämmen und frühstücken wollte, sagte meine Mutter: "Immer eins nach dem anderen, mein Junge." Auch wenn das heute so garnicht dem Zeitgeist entspricht, denke ich heute, dass meine Mutter damit nicht falsch lag. Fakt ist, dass psychologische Studien belegen, dass jede Tätigkeit, die wir gleichzeitig mit anderen Tätigkeiten durchführen, viel länger dauern. Die Fehlerquote steigt , wir werden unproduktiver und das Kontakt- und Kommunukationsverhalten leidet enorm unter der Tendenz, immer mehrere Sachen parallel zu erledigen. Psychologische Studien scheinen das zu belegen: Prof. Dr. Schubert, Psychologe an der Humboldt-Universität Berlin schreibt dazu: "...So braucht eine Entscheidung eine Art zentrale Aufmerksamkeit, und diese ist unteilbar. Wenn ich also am Telefon gefragt werde, welcher Termin mir besser passt, und gleichzeitig meine Sekretärin per E-Mail fragt, ob sie bestimmte Unterlagen ausdrucken soll, können die beiden Entscheidungsprozesse nur nacheinander ablaufen. Mich der einen Sache zuzuwenden heißt, die andere zu unterbrechen. Das zeigen psychologische Experimente: Überlappen sich Entscheidungsprozesse, verlängert sich die Bearbeitungszeit oder die Fehlerquote steigt..."
Soweit die Wissenschaft zum Multitasking. Die Erkenntnis, dass es weise ist, mit Achtsamkeit immer nur eine Sache zugleich zu tun, ist schon sehr alt. Wenn wir dem, was wir gerade tun, unsere volle Aufmerksamkeit schenken, ist das die beste Medizin gegen innere Leere und ständiges Gehetztsein.
Selbst bin ich durch folgende kleine Übung dem Multitasking entkommen: Mit einem analogen Wecker (kein Handy-Timer!) übe ich mich darin, immer 20 oder 30 Minuten oder eine volle Stunde nur eine Sache zu tun. Dann schreibe ich an einem Text, oder ich lese, mache Hausarbeit oder einen Spaziergang. In dieser Zeit schalte ich mein Handy auf Flugmodus und checke keinerlei Nachrichten. Auch das Radio bleibt aus. Mit der Zeit fällt es mir immer leichter und ich merke, dass ich die Dinge viel effektiver und intensiver tue, ohne mich von anderen Dingen ablenken zu lassen. Ich lasse meinen Geist und meine Gefühle dabei zur Ruhe kommen.
Michael Weiger, Coaching für Inspiration & Wachstum